Die Historische Kornbrennerei
Als Bergische Dampfkornbranntwein-Brennerei Vogelsang wurde 1864 das heutige denkmalgeschützte Industriemuseum errichtet. Mit der Erteilung der Konzession 1867 bis 1979 war die Dampfkornbrennerei im Betrieb. 1887 wurde eine Dampfmaschine von der ehemaligen Hildener Maschinenfabrik Kirberg & Hüls“ mit der „No. 76“ installiert, 1895 eine zweite Dampfkesselanlage aufgestellt.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ließen die damaligen Inhaber Isidor Willner, Jakob und Isidor Oppenheimer den Dampfkessel reparieren und einen Vormaischbottich einbauen. Heute wird den Besuchern der Produktionsprozess von der Anlieferung des Getreidekorns bis zum trinkbaren Korn vom zweiten Obergeschoss bis in den Fassraum sehr anschaulich vermittelt.
Gruppenführungen durch die Historische Kornbrennerei werden nach Terminvereinbarung angeboten.
Dampfmaschine
Die Dampfmaschine ist als Krafterzeuger das Herzstück der Brennerei. Mit einer Transmissionsanlage wird die Kraft auf den Sackaufzug, die Kornreinigungsanlage, den Elevator, die Schrotmühle, die Transportschnecke, das Rührwerk im Maischbottich und auf die Süßmaischpumpe übertragen.
Stolz ist man in Hilden, dass die Dampfmaschine nicht nur ein einheimisches Produkt der ehemaligen Maschinenfabrik Kirberg & Hüls ist (1887 als “No. 76″ gebaut), sondern auch, da vor 1890 gebaut, als liegende Einzylindermaschinen die älteste erhaltene Dampfmaschine im Rheinland ist.
Ohne die Bereitstellung von Wasserdampf wäre die Produktion in der Brennerei Vogelsang nicht möglich gewesen.
Fast alle Geräte wurden mit der Kraft der Dampfmaschine betrieben. Die für die Herstellung von Alkohol notwendigen Arbeitsschritte des Destillierens und Rektifizierens sind nur mit dem Einsatz von Wasserdampf denkbar.
Rohstoffe
Für den “Vogelsang”-Korn wurde vor allem Weizen, in früheren Zeiten auch Roggen, als Ausgangsstoff verwendet. Außerdem setzte man Gerstenmalz für die Herstellung der Maische ein.
Die Bereitung der Maische geschah in mehreren Stufen:
- Schroten = mechanisches Zerreißen der Zellwände,
- Stärkeaufschluss = Freisetzung der Stärke,
- Stärkeverzuckerung = Umwandlung der Stärke in Zucker.
Im Maischbottich wurde das Schrot mit etwa der dreifachen Menge Wasser zwölf Stunden kalt eingeteigt. Dabei kam es zum Aufquellen des Schrotes. Danach wurde die entstandene Maische erhitzt. Anschließend erhöhte man die Temperatur auf 65° C zu einer etwa einstündigen Aufschluss-und Verflüssigungsrast, setzte während des Kühlens das Malz und Hefe (die die Gärung einleiten soll) zu.
Mit dem Abkühlen war der Maischprozess beendet. Nach insgesamt 24 Stunden entstand so die verzuckerte Maische, auch Süßmaische genannt.
Gärung und Destillation
Mit der bereits in den Maischbottich zugeführten Hefe setzte sofort die Gärung ein.
Neben Kohlensäure war nach drei, höchstens vier Tagen aus der verzuckerten Maische vergorene, reife Maische, auch Sauermaische genannt, entstanden.
Die reife Maische enthielt einen Alkoholgehalt von etwa 8%.
Der vergorenen Maische mußte nun der Alkohol entzogen werden. Dazu diente der Destillierapparat im Apparateraum des Erdgeschosses. Das rund sieben Meter hohe Gerät ist aus Kupfer angefertigt.
Mit der Sauermaischpumpe wurde der Destillierapparat mit der Maische beschickt, diese lief dann von Aufkochboden zu Aufkochboden und gelangte schließlich vollkommen entgeistet (alkoholfrei) in den unteren Teil des Apparates als Schlempe.
Die Maische wurde zum Kochen gebracht und entgeistet. Die vollständig alkoholfreie Schlempe gelangte aus dem Destillierapparat in den außerhalb des Gebäude gelegenen Schlempesammelbehälter.
Die im Inneren des Apparates entstandenen Dämpfe stiegen nach oben und kochten die Maische auf jedem Aufkochboden auf. An der Spitze verließen die feinen, hochprozentigen Alkoholdämpfe den Apparat, traten in den Rohbrandkühler, in dem sie vollständig verflüssigt wurden.
Endprodukte
Nach der Rektifikation floss der hochprozentige Feinbrand durch Rohre zum zollamtlich verplombten Sammeltank im Keller.
Hier wurde der Feinbrand mit enthärtetem Wasser auf Trinkstärke verschnitten. Bei 32 Vol.% liegt die unterste Grenze für “Korn”. Bei 38 % und mehr darf das Erzeugnis als „Kornbrand“, „Edelkorn“ oder Doppelkorn bezeichnet werden.
Der nächste Arbeitsschritt war das Umfüllen in die verschiedenen hölzernen Lagerfässer. Mehr oder weniger lange dauerte nun die Lagerung im Fassraum der Brennerei. Nach einiger Zeit nahm der Korn durch die Lagerung in den Holzfässern einen leicht gelblichen Ton an.
Schließlich wurde der Korn in Flaschen gefüllt und als “Vogelsang`s Korn” oder unter anderen Namen in den Handel gebracht.
Auf der Grundlage von Kornfeinbrand stellte die Brennerei Vogelsang auch Kräuterschnaps (“Piepmatz” u. a.) und Liköre her.