Vom 10. März 2024 bis 15. September 2024
20.000 Kilometer unter dem Roten Kreuz
Er war Chirurg, sie OP-Schwester. Das Ehepaar Dr. Walter und Elisabeth von Oettingen fuhr mit Lazarettzügen des Roten Kreuzes zu Beginn des 20. Jahrhunderts an die Kriegsfronten und dokumentierte mit der Kamera ihre Reisen in einem Hospital auf Schienen. So entstanden, zuerst vor der Kulisse des heute fast völlig vergessenen Russisch-Japanischen Krieges 1904/05, ungewöhnliche Fotos, die neben der medizinischen Arbeit, die Landschaft und die Menschen in einem fernen und fremden Land zeigen.
Die Fahrt der baltendeutschen Sanitätstruppe mit der Transsibirischen Eisenbahn, Alltagsszenen aus Sibirien und der Mandschurei, der Aufbau des Feldlazarettes, Transport und Behandlung von Verwundeten werden in Aufnahmen von bemerkenswerter technischer Qualität festgehalten.
Bereits 1905 veröffentlichte Elisabeth von Oettingen ihre abenteuerlichen Erlebnisse in dem Buch „Unter dem Roten Kreuz im Russisch- Japanischen Kriege“. Dieser fesselnde Bericht beschreibt nicht ohne Hintersinn ein spannendes Kapitel der Medizingeschichte. In der Folge zeigten Elisabeth und Walter von Oettingen ihre Fotoplatten aus dem Russisch- Japanischen Krieg auch in zahlreichen Lichtbildvorträgen, um Spenden für das Rote Kreuz zu sammeln. Als der Erste Weltkrieg ausbrach, machten sich die von Oettingens erneut im Lazarettzug „Kronprinzessin Cecilie“ auf die Reise an die Fronten eines Konfliktes, der zum Trauma des beginnenden 20. Jahrhunderts werden sollte.
Es ist dem bekannten Arzt und Medizinhistoriker Prof. Dr. med. Dr. h.c. Hans Schadewaldt zu verdanken, dass der Oettingen-Nachlass erhalten werden konnte.
Von 1965 bis 1991 war er Direktor des Instituts für Geschichte der Medizin an der Heinrich- Heine-Universität Düsseldorf und in seiner Zeit als Lehrstuhlinhaber erwarb Schadewaldt 645 Glasplattennegative, die Elisabeth und Walter von Oettingen im Russisch-Japanischen Krieg 1904/05 und im Ersten Weltkrieg anfertigten.
Schadewaldt hatte zugleich auch besondere Bezüge zu Hilden und zur ambulanten Wundversorgung. Im Zweiten Weltkrieg fuhr er auf Minenräumern der Kriegsmarine und war von 1945 bis 1948 Hilfsarzt in französischen Kriegsgefangenenlazaretten. In den 1970er Jahren setzte er sich für ein neues medizinhistorisches Museum in Hilden ein, das nun den Nachlass erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. Neben den Kriegsmotiven finden sich auch Familienfotos und Reiseaufnahmen in der Sammlung, die bis heute im Archiv der Heinrich-Heine-Universität beheimatet ist. Die fragilen Glasplatten- Fotografien sind ein faszinierendes historisches Dokument und vermitteln eine Vielzahl an Details über Leben und Wirken von Medizinern zu Beginn das 20. Jahrhunderts.
Komplementiert wird die Ausstellung durch schriftliche Dokumente und Memorabilien des Ehepaars.